10 Jahre
Fachreferat Frauen

1991- 2001 
Eine Dokumentation

Die Fachkonferenz Frauenbildung Baden-Württemberg (FKF)



INHALT

Fachkonferenz Frauenbildung
Landesweiter Zusammenschluss der nach dem Weiterbildungsgesetz des Landes Baden-Württemberg anerkannten Einrichtungen der Weiterbildung
(Sabinja Klink)



Jedes Netz beginnt im Kleinen...
Es begann 1993: Zwei Bildungsreferentinnen auf Landesebene, Christine Herfel vom Frauenreferat der Landeszentrale für politische Bildung und Sabinja Klink von der Evangelischen Erwachsenenbildung in Württemberg, die bereits mit verschiedenen Institutionen der Erwachsenen- bzw. Frauenbildung kooperierten, kannten viele Bildungskolleginnen, die sich mit Engagement und Kompetenz für die allgemeine und politische Frauenbildung wie auch für die Förderung von Frauen in der Bildungsarbeit einsetzten.
Die Fachfrauen hatten eines gemeinsam: entweder waren sie fachliche oder regionale Einzelkämpferinnen, oder – wenn sie im mittleren oder oberen Management der allgemeinen Weiterbildung tätig waren – in den männerdominierten Einrichtungen überwiegend ”exotische Exemplare”. Und eines fehlte ihnen: die Vernetzung mit anderen Fachfrauen zum Thema ”Frauen und Bildung”. 
Die Idee einer Frauen-Bildungs-Vernetzung war geboren. Kolleginnen der Bildungsarbeit Baden-Württembergs – ob mit oder ohne Schwerpunkt Frauenbildung – sollten sich zur gegenseitigen Information und Interessenvertretung miteinander vernetzen. Dazu lud das Frauenreferat der Landeszentrale in Kooperation mit der Evangelischen Arbeitsgemeinschaft für Erwachsenenbildung in Württemberg (EAEW) nach Bad Urach ins ”Haus auf der Alb” ein. Die teilnehmenden Fachfrauen aus katholischer und evangelischer Bildung, den Gewerkschaften und Volkshochschulen Baden-Württembergs waren begeistert über diese Möglichkeit des Austauschs und wünschten sich fortan kontinuierliche Treffen. 
Damit war erstmals ein trägerübergreifendes Forum geschaffen, um über den Tellerrand der eigenen Institution hinweg Expertinnen anderer Weiterbildungseinrichtungen kennen zu lernen, aktuelle Fragen zum Themenfeld ”Frauen – Bildung – Politik” zu erörtern, die Situation der hauptamtlichen Bildungsfrauen und Teilnehmerinnen zu analysieren sowie auf deren Anliegen aufmerksam zu machen. Aus dem Pilot-Workshop für politische Frauenbildung im Jahr 1993 wurde nachfolgend der landesweite Zusammenschluss aller vom Weiterbildungsgesetz anerkannten Träger der ”Fachkonferenz Frauenbildung Baden-Württemberg”, kurz FKF genannt.
Die ”FKF-Gründungsmütter” Resi Bokmeier (Diözese Rottenburg-Stuttgart), Ute Cornelius (DAG), Christine Herfel (LpB), Sabinja Klink (EAEW), Ulrike Rinnert (VHS Stuttgart), Gabriele Roßner (Erzdiözese Freiburg) und Raili Salmela (DGB) erkannten, dass eine 
solche Vernetzung verschiedene Ziele verfolgen sollte. Es ging darum,
  • eine Konferenzform zu finden, die Fachfrauen trotz ihrer zeitlich begrenzten Arbeitssituation eine Teilnahme ermöglicht (viele arbeiten in Teilzeit);
  • einen offiziellen Status innerhalb der Weiterbildungsinstitutionen zu erlangen;
  • mit Öffentlichkeitsarbeit die Situation von Frauen in der Bildungsarbeit publik zu machen;
  • Kontakte ins Sozial- und Kultusministerium zu knüpfen;
  • aktuelle Bildungsthemen und deren Konsequenzen für Frauen zu bearbeiten und
  • Informationen über die Entwicklung der Bildungssituation auf EU-, Bundes- und Landesebene weiterzugeben.

Von der Phase der Institutionalisierung ...
Die ersten Sprecherinnen der FKF wurden aus dem Kreis der Konferenz gewählt – sie berieten sich während des Jahres, planten die Konferenzen und Treffen mit dem Ministerium.
”Müssen denn diese Formalien und Diskussionen um eine FKF-Ordnung sein?” Solche Fragen stellten die Kolleginnen der Konferenzen der ersten Jahre gelegentlich – zählt doch die Beschäftigung mit Paragraphen und Strukturen sicher nicht zu den spannendsten Aufgaben leidenschaftlicher Bildnerinnen... Gemeinsam unterzogen sich die Beteiligten jedoch der Mühe, eine formal abgesicherte Ordnung für die Konferenz zu formulieren und mit den Einrichtungen abzustimmen. In ihr sind die Ziele, Interessen und Strukturen der Fachkonferenz verdeutlicht. 
Langfristig gedacht gibt der Erfolg der Mühe recht: Inzwischen hat sich die FKF in Baden-Württemberg einen Namen gemacht und ist durch ihre Kontaktarbeit im Sozial- und Kultusministerium wie auch in den Weiterbildungsorganisationen bekannt. 
Zu den einzelnen Konferenzen werden hauptamtliche Kolleginnen und ehrenamtliche Funktionärinnen aus den Einrichtungen der Erwachsenen- und Familienbildung eingeladen, sofern sie bei nach dem Weiterbildungsgesetz anerkannten Trägern arbeiten (z.B. Volkshochschulen, kirchliche und gewerkschaftliche Bildungseinrichtungen, Landfrauen-Verbände etc.).
Die Konferenz tagt im jährlichen Wechsel: entweder eintägig bei einer gastgebenden Mitgliedsorganisation oder auf Einladung von Christine Herfel vom Fachreferat Frauen auf einer dreitägigen Konferenz im ”Haus auf der Alb”.

... ”der Austausch war wieder einmal das Interessanteste für mich” ...
Im Vorfeld jeder bisher durchgeführten Fachkonferenz war stets die Frage spannend: Welche Expertinnen finden sich diesmal zusammen? Welche Institutionen mit welchen Aufgabenfeldern werden vertreten sein? Und davon hat die Konferenz gelebt: von der Verschiedenheit. Verschiedenheit in der Organisationsstruktur und Tradition, in Zielsetzung und Arbeitsprofilen, in der Vielfalt der Ausrichtung der Arbeit: in einigen Institutionen gibt es spezielle Frauenbereiche und -referentinnen, in anderen Organisationen das Ziel, konzeptionell in allen Fachbereichen das Thema ”Frauen und Geschlechterverhältnis” auszubuchstabieren.

... und jedes Puzzle-Teil ergibt erst mit anderen ein ganzes Bild ...
Die Themenschwerpunkte der Frauenbildungsarbeit der FKF-Mitglieder ergeben ein buntes Bild: vom Persönlichkeitstraining zu politischem Engagement, von der Arbeitsmarktsituation zu Glaubensfragen, von Gesundheit zu interkultureller Bildung, von Frauen-Geschichte zu Beziehungs- und Familienfragen, von alternativen Lebensformen zu 
beruflicher Förderung, von Sexualität zu Ökologie. Auch die Lebenssituation der jeweiligen Teilnehmer/innen variieren zwischen städtischer oder ländlicher Herkunft, Seminaren mit Arbeiterinnen, Ehrenamtlichen, Müttern, mit jungen Frauen, behinderten Frauen, Seniorinnen, mit Frauen verschiedenster Lebensformen... Gerade das ist das Bereichernde: Festzustellen, wie vielfältig das Profil der Arbeit von Frauen in der (Frauen)Bildung ist.
Inzwischen blickt das Netzwerk auf neun interessante Konferenzen zurück: Im Mittelpunkt standen Themen wie politische Frauenbildung, ‚Differenz und Gleichheit’ und Gender-Fragen, Zivilcourage, bildungspolitische Entwicklungen auf Bundes- und EU-Ebene bis zu Gesprächen mit Vertreterinnen des Sozialministeriums, die ‚Open-Space’-Methode und andere neue Formen der Frauenbildung. Jedes Treffen förderte das Verständnis für die anderen Weiterbildungsträger und die Zusammenarbeit unter den Kolleginnen – ein weiteres Ziel der FKF.
All dies wurde nur durch den Einsatz der verschiedenen Kolleginnen möglich, die sich bei der Vorbereitung und Durchführung der Konferenzen oder im Sprecherinnen-Amt im Wechsel engagierten.

Ein roter Faden der vernetzten Frauen-Bildnerinnen: die Zeiten sind nicht rosig ...
Die Erfahrungen in Sachen ”Frauen und Bildung in Baden-Württemberg” zeigten jedes Mal aufs Neue, dass die Kolleginnen trotz 
aller Unterschiede im Profil ihrer Einrichtungen Ähnliches erleben: Obwohl mehrheitlich Frauen den Teilnehmendenkreis der Erwachsenenbildung stellen (ca. 75 % bei Volkshochschulen, in kirchlicher Erwachsenen- und Familienbildung), wird dies weder bei der Gewichtung in der konzeptionellen Ausrichtung der Angebote noch bei der personellen und materiellen Ausstattung von Frauenbildung in den einzelnen Organisationen adäquat berücksichtigt.
Die finanziellen Kürzungen der letzten fünf Jahre, die sowohl die Förderung durch das Weiterbildungsgesetz wie auch personelle 
Einsparungen und Budgetkürzungen bis zu 50% in den Einrichtungen der allgemeinen Weiterbildung betrafen, haben insbesondere für den Bereich ”Frauen und Bildung” dramatische Auswirkungen: Zahlreiche Personalstellen weiblicher Referentinnen auf Landesebene und vor Ort wurden nach deren Weggang nicht mehr besetzt, es gab Verschlechterungen in der Eingruppierung und manche unbefristeten Arbeitsplätze wurden zu befristeten umgewidmet, Sonderprogramme der Frauenbildung – vom Sozialministerium gefördert – wurden nicht verlängert.
Materiell und personell ungenügend ausgestattet, ideell und statusmäßig vielmals ignoriert oder belächelt, kämpft die Frauenbildung in Baden-Württemberg ”im Kleinen”, d.h. in den Einrichtungen vor Ort, wie im ”Großen”, d.h. in den Landesverbänden und Ministerien, nach wie vor um einen ihr angemessenen Platz.

Auch in Zukunft ...
Der Blick auf die Entwicklung der öffentlichen Haushalte mit Kürzungen in den Non-Profit-Unternehmen im Bildungsbereich gibt kein Zeichen zur Entwarnung. Damit für Frauen auch weiterhin methodisch aktuelle und qualitativ hochwertige Angebote entwickelt werden können und Teilnehmerinnen sich die Kursgebühren und damit Weiterbildung leisten können, ist auch in Zukunft verstärkter politischer Einsatz und Interessenvertretung für die Sache ”Frauen und Bildung” erforderlich.

... geht es ohne Vernetzung nicht!!!
So gilt der bisherigen Vernetzung, die vom Fachreferat Frauen der Landeszentrale für politische Bildung durch die kompetente Mitarbeit von Christine Herfel pädagogisch-politisch stets unterstützt wurde, Dank für das Engagement. Ein guter Weg ist auch zukünftig ”Vernetzung” mit den Wünschen:

  • Sich der geknüpften Fäden vergewissern.
    So lässt sich die (noch junge) ”Frauen- und Bildungs-Geschichte” Baden-Württembergs vor dem Vergessen bewahren - das kann eine Hilfe sein, um kritische Zeiten zu überstehen.
  • Neue Fäden knüpfen. Dies bedeutet, als Bildungsfachfrau andere Kolleginnen zu ermuntern, sich mit der eigenen Fachkompetenz in die Vernetzung einzubringen.
  • Auffangen, wenn jemand fällt. D.h. Kolleginnen unterstützen, sich in schwierigen Situationen nicht entmutigen zu lassen und nach neuen Lösungsmöglichkeiten zu suchen.
  • Auf Stabilität achten. Neben der inhaltlich- inspirierenden Bildungsarbeit gilt es immer ein weiteres Ziel zu verfolgen: die strukturelle-formale Absicherung der Tätigkeit durch Vorstandsbeschlüsse, Dienstvereinbarungen, Leitlinien etc.
  • Auf Schönheit und Funktion des Netzes hinweisen. Das Sichtbarmachen der bisherigen Arbeit bringt sowohl im individuellen Erleben, für die interne Öffentlichkeit der eigenen Institution wie auch für die externe Öffentlichkeit zum Augen- schein, welche Erfolge zu verbuchen sind und was die Existenz eines Netzes bedeutet.

Die Kolleginnen freuen sich auf die weitere gute Zusammenarbeit!


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